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Neaplese Literature (Satis Shroff)

Nepalese Literature (Satis Shroff)


German Translation: Satis Shroff


Der Preis des Fisches (Shivkumar Rai, Kurseong)

Neachdem es wolkenbruchartig in Strömen gegossen hatte, rissen die Wolken auf. Es setzte ein lauer Südwind ein und vertrieb die dünnerwerdenden, weißen Wolkenfetzen. Der Himmel hatte sich aufgeklart und überall sah man einen blauen, wolkenlos blankgefegten Himmel. Alles kam überraschend. Hatte die Natur für eine Weile verrückt gespielt, so war sie jetzt ruhig. Die sonst nur durch Tropfen aus den Wolken gespeisten Bergbäche waren zu Sturzbächen angeschwollen. Das Tosen der Wildbäche, die sich durch die Bergschluchten fraßen, hallte wider. Rane Majhi trat aus seiner Hütte, legte seine rechte Hand schützend über seine Augen und schaute kummervoll zum Himmel. Dann schaute er noch einmal starr auf den reißend gewordenen Fluss. 

Rane war ein kleiner, stämmiger Mann und trug sehr alte traditionelle Kleidung, eine schwarze Jacke aus Baumwolle und eine Hose. Man muss sagen, obwohl seine Kleidung an verschieden Stellen geflickt war, waren es Lumpen. Die gestreifte Weste hatte ein Dutzend Knöpfe und auf dem Kopf trug er eine verwaschene alte Mütze aus Baumwolle. Seine Hose hatte er bis zu den Oberschenkeln hochgezogen. Rane bot einen merkwürdigen Anblick. Rane bückte sich und schaute einige Male in den reißend angeschwollenen Fluss. 

Wer weiß, vielleicht fand er etwas darin! Er nahm ein kleines Netz in seine Hand und ging nahe zum Fluss. Er setzte sich auf einen mit Algen bedeckten Stein und schaute hin und her. Die Reuse, in die die Fische schwimmen sollten und so gefangen werden, war wie immer da. Aber weiter unten, am Zusammenfluss von zwei Flüssen, war sie von der Flut weggeschwemmt worden. Einen Augenblick war Rane erschöpft und niedergeschlagen und gab einen Seufzer von sich. Dann sprang er, der stämmige Bursche, plötzlich sehr tief hinein. Er sah, dass das Wasser gestiegen war und war ärgerlich, dass sich im Strudel durch seine eigene Bewegung weißer Schaum drehte. Im nächsten Augenblick nahm Rane sein Netz, drehte es und warf es mit einem Platsch ins Wasser. Kurz danach zog er mit seinen kräftigen Armen das Netz zu und zog es aus dem Wasser heraus. Steine, Blätter und Gräser hatte er sich herausgefischt und zehn bis zwölf Fische, die noch zappelten, lagen im Sand am Ufer. So verdiente Rane seinen Lebensunterhalt. 

Auch sein Vater war Fischer gewesen --- er kam eines Nachts vor zehn Jahren im Monat Sravan (Juli/August) beim Fischen um. Die Erinnerung an ihn wird wahrscheinlich irgendwo im Sand verlaufen. Einfache Menschen fürchten sich vor Dämonen und Geistern. Sie gehen bei Nacht nicht spazieren, weil sie glauben, dass der böse Blick von diesen auf sie fallen würde. Aber für Rane waren alle diese Gedanken reiner Unsinn. Rane war selbst ein Mensch, der eine Seele hatte, wie die eines Geistes oder vergleichbar mit der eines Dämonen. 

Wenn die Menschen auf der Welt entspannt in tiefem Schlaf lagen, wenn sie tief in ihren Träumen wandelten, verbreitete sich überall eine fürchterliche Stille. In dieser Zeit schickte Rane sich an, mit einer Fackel in der Hand, im Körper der Dunkelheit, nach Fischen zu suchen. Im Schein der Fackel konnte man sein von der Sonne verbranntes und vom Regen gezeichnetes Gesicht sehen. Aus seinem dunklen Gesicht stach das Weiß seiner Augen, die nach Bächen, Bergen und Tälen, nach allem Ausschau hielten, hervor. Als sie so ein lebendiges Gesicht sahen, erschraken wahrscheinlich sogar die Flussgeister. 

Als es an der Zeit war, warf Rane noch einmal sein Netz aus. Die Fische, die verängstigt waren, verfingen sich im Netz. Auf sein von der Sonne gebräuntes Gesicht kam ein Hauch von Zufriedenheit. Seine Augen strahlten. Er fing an, die Fische auf einen Bambusstock aufzuspießen. Schon als Kind hatte er seine Mutter verloren und wuchs alleine auf. 

Er musste seine eigenen Träume und Gedanken von einer Lebensgefährtin gehabt haben, Träume von einem kleinen Haushalt am Ufer des Flusses, von einem Sohn, der gerade das Laufen lernte, wie er als Vater beim Fischen war und dieser zu ihm kam und mit seiner Lispelstimme zu ihm sagte: 

`Papa, lass mich doch auch Fische fangen’, und dass er ein wenig verärgert zu seiner Frau sagte: `Oh, Gorays Mutter, nimm das Kind weg!’, von ihm, der müde vom Fischverkauf aus der Stadt zurückkehrte und von Gorays Mutter, die ihn anlächelte und ihm eine Tasse Tee mit Pfeffer gab.

In diesem Augenblick spürte er, was es bedeutet, das Glück eines Familienlebens zu haben. Rane spießte die Fische auf einen Bambusstock auf, band sie zu einem Bündel zusammen und ging zum Markt. Rane war nass bis zu den Oberschenkeln und hatte durch im Fluss liegende kantige, spitze Steine, an die er gestoßen war, blaue Flecken bekommen, aus denen das Blut floss. Aber trotz der Kälte des Wassers, hatte er in seinem Innern eine Wärme verspürt, die ihn hoffen ließ. Heute hatte er die Hoffnung auf höhere Einnahmen. 

Auf dem Marktplatz fragte ein Mann: „Hallo Bruder, wieviel kosten die Fische?“ 

„Acht Anna, eine halbe Rupie, für etwas weniger als ein Kilogramm.“

„Soviel für Fische, die im Fluss schwimmen !“ „Wenn man die Mühe berechnet, dann ist der Preis nicht zu hoch“, sagte Rane und schaute auf seine blauen Flecken und seine Verletzungen. Rane hatte das Gefühl, dass der Preis für Fische viel höher sein müsste als jetzt, aber er wusste selbst nicht, wieviel ein Fisch wirklich wert war. Alle Fische waren erst um fünf Uhr verkauft. Rane zählte und sah: es waren ganze zehn Rupien. 

Seine Hoffnung wurde immer größer. Wenn er sie so verkaufen könnte, hätte er bald hundertfünfzig Rupien im Monat auf der Hand. Mit seinem Verdienst wäre er in der Lage innerhalb von zwei Monaten eine kleine Hütte zu bauen und er könnte sich sogar eine Braut leisten. Ranes Wünsche gingen in alle Richtungen. Rane war dabei, über alles nachzudenken, als seine Aufmerksamkeit auf ein neues Geschäft in der Nähe gelenkt wurde. Eine Frau im Alter von ungefähr fünfundzwanzig bis dreißig Jahren stand dort an der Türe. 

Obwohl sie nicht das jugendliche Feuer besaß, hatte sie trotzdem noch den Anstrich von Jugendlichkeit. 

„O Bruder Fischer, kommen Sie doch hin und wieder in unser Geschäft, einen Tee trinken und dann gehen Sie ihren Weg weiter!“ Der junge Rane hatte den sehnlichsten Wunsch, ein paar Worte mit ihr zu wechseln und wollte diese Gelegenheit nicht verpassen und sagte: „Warum sollte ich nicht einen Tee trinken, liebe Frau! Komm, bring mir einfach was du hast.“ Die Frau brachte Brot, Kartoffeln, Gemüse und Tee und stellte es vor ihn hin und fügte hinzu:

„Soll ich auch eine Portion Fisch bringen?“ Rane schaute auf den Teller: Da lag ein roter, mit Gewürzen gebratener Fisch, der schön aufgeschnitten war und appetitlich aussah. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen . 

Er war hungrig und fragte: „Wieviel kostet der Fisch?“

„Zwei Anna pro Stück!“ „Für einen Fisch?“ 

Er wurde plötzlich aufgeregt, weil er den Wert nicht schätzen konnte.

Die Frau sagte ruhig: „ Nein, was sagen Sie?“ Dieser Fisch, kommt er in ein Hotel, dann wird er dort für acht Anna pro Stück verkauft. Wie können da zwei Anna zuviel sein? Rane dachte, es muss stimmen. Der Fischpreis muss höher sein. Ich bin dabei, den Fisch zu billig zu verkaufen. Trotzdem konnten die beiden den eigentlichen Preis für Fische nicht schätzen. 

Er hatte wieder dieselben Gedanken: am Flussufer ein kleine Hütte und eine Lebensgefährtin. Rane schaute plötzlich die Frau an. Für einen Augenblick war sein Herz wie erstarrt, danach hörte er es umso lauter schlagen. Auch seine Gedanken waren für einen Moment wie verwirrt.

Er fragte: „Wo ist dein Mann?“

Die Frau antwortete ohne Umschweife: “Mein Mann ist gestorben, die Schwiegereltern sind im Bazar. Mein Schwiegervater mag mich, aber die Schwiegermutter ist ein Drache und schaut mich nicht einmal mit ihren hohlen Augen an. Deswegen habe ich mich von ihnen getrennt und bin hierher gekommen. Ihr letzter Satz ließ bei ihm wieder freudige Hoffnung aufkommen. Er überlegte: Es mag sein, dass sie eine Witwe ist, aber sie ist noch jung. Und wenn sie auch eine Witwe ist, sie wird mich lieben. Jetzt muss ich nur noch für ein kleines Häuschen Geld sparen. 

Als es Zeit wurde, sich zu verabschieden, sagte die Witwe: „Bruder, kommen Sie immer wieder. Falls der Tod uns nicht ereilt und wir am Leben bleiben, werden wir uns wieder sehen.“

Rane war verblüfft. Als er den Fluss erreichte, war es schon sieben Uhr. Heute fühlte er sich an Leib und Seele stark: Sein junges Leben war in Bewegung gekommen. Dazu noch die dunkle Nacht des Monats Sravan mit dieser Konstellation der Sterne! In welche Welt hatte er sich wohl begeben?

Der Himmel war bedeckt mit Wolken. Es war als ob aus dem weinenden Gesicht der Wolken bald Tränen fallen würden. Die Wolken grollten, und ihr Echo hörte man überall in den Bergen und Tälern widerhallen. Das Wasser des Flusses stieg stetig an. Rane nahm eine Fackel und lief zum Fluss. Auch aus den Wolken donnerte es wieder. Sogar Rane, der nie Angst gehabt hatte, erschrak für einen Augenblick. 

In der Helligkeit des Blitzes meinte er das Gesicht seines Vaters zu sehen. Aber er erkannte bald, dass es eine Täuschung der Natur war. Die Wolken donnerten, als ob sie ihm sagen wollten: „Geh nicht zum Fluss!“ 

Aber warum sollte er auf sie hören. Er hatte nur einen Gedanken: Ich werde heute mehr Geld verdienen und ich werde mir meine Wünsche erfüllen können. Rane ging wieder zum Wasser-Tümpel und warf sein Netz aus. Die Fische waren vom Licht seiner Fackel geblendet. Ungefähr fünfundzwanzig bis dreißig Fische: Katla, Asla und Budhuna gingen ihm ins Netz. 

Egal, wo Rane seine Hand hatte, überall fanden sich Fische. Da es unzählige Fische gab, war Rane weder hungrig noch wurde er schläfrig. Seine Hoffnung hatte Flügel bekommen. Die Anstrengung der körperlichen Arbeit verspürte er überhaupt nicht. Im Westen zogen schwarze Wolken auf. Vom Berggipfel stürzte mit gewaltigem Lärm eine Flut herunter. Rane hatte keine Ahnung, dass mit der Flut auch der Todesgott Yamaraj auf dem Weg war. Rane hatte das Getöse der herankommenden Flut über dem Steindamm gehört und war dabei seine Fische zu retten, als die Flut alles mitriss. Rane war sehr traurig, als er die Fische, die er mit soviel Mühe gefangen hatte, wegschwimmen sah. Aber er merkte nicht, dass er dabei selbst mitgerissen wurde. 

Als Rane von der Flut weggetragen wurde, rief er: „Das ist der Preis des Fisches ---“, und ohne seinen Satz beendet zu haben, verschwand er im Wasser. 

Alles war verloren . Ranes Hoffnung, seine Wünsche, seine Pläne waren in diesem Wassertümpel geboren und gingen hier auch unter. Danach wurde es überall sehr still. Ranes Netz war schon zuvor von den Schlammmassen zugedeckt worden. Nur Ranes Fackel brannte noch schwach. Es schien, als ob sie warten würde, von ihm gelöscht zu werden. Ein kalter Bergwind pfiff ins Tal. Die beruhigende Melodie des Flusses verbreitete sich entlang den Bergschluchten und Täler. 

Das Naturgesetz kennt keine Gnade.

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